Bei der Alzchem Group hatten wir Ihnen Mitte Januar (HIER) versprochen, am Ball zu bleiben. Nun hat der Spezialchemiekonzern seinen Geschäftsbericht für 2021 vorgelegt und sogar noch mehr geliefert als gedacht. Einzig die Überraschung bei der – an sich sehr attraktiven – Dividende von 1,00 Euro je Aktie hält sich insofern in Grenzen, weil CEO Andreas Niedermaier exakt diese Größenordnung zuletzt bereits in einem Interview auf finanzwelt.de (HIER) avisiert hatte. Sei es drum: Mit einer Rendite von 4,4 Prozent zur kommenden Hauptversammlung am 5. Mai 2022 bewegt sich der Spezialwert nur wenig unterhalb der Vergleichsgruppe um Indexwerte wie BASF, Covestro oder auch Evonik Industries.
Noch wichtiger ist allerdings, dass die operativen Geschäfte von Alzchem zurzeit richtig gut laufen: So kletterten die Erlöse 2021 um elf Prozent auf 422,29 Mio. Euro, das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) kam um rund 15 Prozent auf 62,05 Mio. Euro voran. Unterm Strich steht ein von 1,94 auf 2,72 Euro verbessertes Ergebnis je Aktie. „Wir verfügen mit unseren bestehenden und neuen Produkten über riesiges Potenzial und dabei über eine Marktposition, die nur ganz schwer kopiert werden kann“, sagt Niedermaier. Zur Einordnung: Zu den Topsellern der Gesellschaft aus Trostberg gehören unter anderem Nahrungsergänzungsmittel, Düngemittel, Vorprodukte für Corona PCR-Tests oder auch Pharmarohstoffe – im Wesentlichen basierend auf Kalk und Kohle. Selbst im Bereich E-Mobilität will das Unternehmen Fuß fassen. Konkret geht es dabei um Einsatzstoffe für die Herstellung von Wasserstofftanks für den Einsatz in Lkws mit Brennstoffzellentechnologie.
Doch es gibt auch Risikofaktoren, die den Aktienkurs bremsen: So läuft seit geraumer Zeit ein EU-Verfahren, in dem es um das Verbot von Kalkstickstoff als Düngemittel geht. Alzchem wäre davon über Perlka – einem Klassiker im eigenen Produktsortiment – unmittelbar betroffen. „Eine finale Klärung des schwebenden EU-Verbotsverfahrens würde uns sicher helfen – egal, wie die Entscheidung ausfällt“, räumt Vorstand Niedermaier ein. Schwer greifbar ist zurzeit auch der Ausblick für das laufende Jahr. Zwar stellt Alzchem dank geplanter Preiserhöhungen ein kräftiges Umsatzplus auf bis zu 480 Mio. Euro in Aussicht. Je nach Akzeptanz der Kunden auf die neuen Preisschilder, schwankt die EBITDA-Vorschau aber zwischen „merklich abnehmend“ bis hin zu „stark steigend“. In der zuversichtlichen Variante wäre das ein EBITDA von bis hin zu 68 Mio. Euro. Das pessimistische Szenario hat Alzchem derzeit nicht mit einer konkreten Zahl unterlegt.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 344,00 | 375,22 | 376,07 | 379,26 | 422,29 | 542,22 | 540,65 | |
EBITDA1,2 | 43,30 | 49,38 | 50,08 | 53,81 | 62,05 | 61,44 | 81,37 | |
EBITDA-Marge3 | 12,59 | 13,16 | 13,32 | 14,19 | 14,69 | 11,33 | 15,05 | |
EBIT1,4 | 27,20 | 34,19 | 30,59 | 30,71 | 37,57 | 35,90 | 55,47 | |
EBIT-Marge5 | 7,91 | 9,11 | 8,13 | 8,10 | 8,90 | 6,62 | 10,26 | |
Jahresüberschuss1 | 16,50 | 22,78 | 18,15 | 19,87 | 27,76 | 30,22 | 34,79 | |
Netto-Marge6 | 4,80 | 6,07 | 4,83 | 5,24 | 6,57 | 5,57 | 6,44 | |
Cashflow1,7 | 33,00 | 34,66 | 43,63 | 48,71 | 43,02 | -4,24 | 72,67 | |
Ergebnis je Aktie8 | 1,90 | 2,30 | 1,77 | 1,94 | 2,72 | 2,96 | 3,40 | |
Dividende8 | 1,10 | 0,90 | 0,75 | 0,77 | 1,00 | 1,05 | 1,20 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: RSM Ebner Stolz |
Nun: Auf schuldenfreier Basis steht dem derzeit ein Unternehmenswert von knapp 410 Mio. Euro entgegen. Mit Blick auf das obere Ende der Spanne wäre der Anteilschein definitiv ein Schnäppchen. Unterstellt man einen EBITDA-Rückgang um rund ein Viertel, würde sich die Bewertung natürlich nachteilig ändern – aber immer noch in geerdeten Bahnen verlaufen. Insofern also mindestens eine neutrale Ausgangsposition. Darüber hinaus wird es Aufgabe des Managements sein, die Investmentstory von Alzchem noch bekannter zu machen. Noch dürften nämlich längst nicht alle Investoren wissen, was sich alles hinter der Company verbirgt. Entsprechend betont CEO Andreas Niedermaier auch im Interviewteil des jetzt vorgelegten Geschäftsberichts: „Wir werden 2022 klare Indikationen sehen, wie sich insbesondere unsere jungen Produkte in den neu entstehenden Märkten – wie etwa beim Klimaschutz in der nutztierhaltenden Landwirtschaft oder bei der Wasserstofftechnologie in Mobilitätslösungen – schlagen werden. Ich bin mir sicher, dass die Kapitalmärkte das sehr spannend finden werden.“ Boersengefluester.de wird die Story jedenfalls weiter verfolgen.
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