Klare Botschaft: „Unser Geschäft ist cashflowgetrieben – also EBITDA-stark“, sagte Jürgen Bauer, Vorstand von Aves One, Ende April auf der von GBC organisierten MKK Münchner Kapitalmarkt Konferenz. Was das genau heißt, zeigt sich im jetzt veröffentlichten Geschäftsbericht des Managers von Logistikassets wie Eisenbahnwaggons oder auch Containern. Bei Erlösen von 116,78 Mio. Euro kam Aves One im vergangenen Jahr auf ein Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) von 84,60 Mio. Euro – entsprechend einer EBITDA-Marge von 72,4 Prozent. Ein Spitzenwert innerhalb der mehr als 600 Unternehmen umfassenden Datenbank von boersengefluester.de. Der Cashflow aus der operativen Geschäftstätigkeit machte dabei einen Satz von 51,00 auf 80,01 Mio. Euro. Auf den ersten Blick kurios, dass die Hamburger angesichts solcher EBITDA-Regionen nur auf eine Marktkapitalisierung von knapp 120 Mio. Euro kommen.
Des Rätsels Lösung: Da der Aufbau eines Waggon- und Container-Portfolios ein extrem kapitalintensives Geschäft ist, stehen in der Bilanz zurzeit Netto-Finanzverbindlichkeiten von etwas mehr als 941 Mio. Euro – und die gilt es bei der Beurteilung des Unternehmenswerts zu berücksichtigen. Demnach beträgt der Enterprise Value – wie die Kennzahl im Börsensprech heißt – rund 1.061 Mio. Euro. Eine signifikant andere Region, die bezogen auf das EBITDA allerdings immer noch recht geerdet daherkommt. Immerhin siedeln die Analysten von Metzler Capital Markets das Kursziel für die Aves One-Aktie bei 15,90 Euro an. Zum Vergleich: Die aktuelle Notiz beträgt gerade einmal 9,20 Euro. Dabei stellt das Unternehmen für 2020 mindestens stabile Werte für Umsatz und EBITDA in Aussicht. „Ein verhältnismäßig positiver Ausblick, der in Zeiten von COVID-19 nicht selbstverständlich ist“, sagt Vorstand Bauer. Erklärend heißt es im Vorwort des Geschäftsberichts: „Wir können als Unternehmen nicht ausschließen, dass auch wir teilweise negativ von den Folgen der Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie betroffen sein werden, sehen uns aber aufgrund unseres Geschäftsmodells als Provider von logistischen Assets mit langjährigen Mietverträgen und sehr guter Kundenstruktur in einer stabilen Position.“
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | |
EBITDA1,2 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | |
EBITDA-Marge3 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | |
EBIT1,4 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | |
EBIT-Marge5 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | |
Jahresüberschuss1 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | |
Netto-Marge6 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | |
Cashflow1,7 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | |
Ergebnis je Aktie8 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | |
Dividende8 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 |
Umso verwunderlicher, dass die Notiz zuletzt wieder in den einstelligen Bereich zurückgefallen ist. Was treibt die Investoren zurzeit also um? Letztlich kann es nur eine Mischung aus Befürchtungen um eine möglicherweise doch deutlich schlechter werdende Vermietsituation im Fall einer anhaltenden Rezession sowie die damit einhergehende Sorge um ungünstigere Refinanzierungskonditionen sein. Immerhin bleibt bei Aves One abzüglich der Abschreibungen (32,90 Mio. Euro) und des Finanzergebnisses (minus 37,19 Mio. Euro) von 84,6 Mio. Euro EBITDA ein Gewinn vor Steuern von gerade einmal 14,50 Mio. Euro übrig. So viel Puffer nach unten ist da nicht. Zudem ist eine Eigenkapitalquote von 4,02 Prozent nicht unbedingt eine Größenordnung, dem Börsianer in angespannten Zeiten volle Zuneigung schenken. So gesehen ist es nur zu verständlich, dass Aves One bereits seit geraumer Zeit alle Optionen zur Verbesserung des Finanzierungsmixes prüft.
„Dabei schließen wir weiterhin Eigenkapital- und/oder Fremdkapitalmaßnahmen sowie anderweitige Beteiligungen in unsere Prüfungen ein“, heißt es offiziell. Gegenwärtig werden die Investitionen zu 75 bis 90 Prozent über Bankkredite, Direktinvestoren oder Anleihen finanziert. Allesamt Quellen, die für Aves One offenbar gut zugänglich sind. Wichtigster Finanzier ist zurzeit dabei die KfW. Letztlich rechnet der Markt perspektivisch aber ergänzend mit einer signifikanten Kapitalerhöhung. Ob und in welchem Umfang die Großaktionäre Superior Beteiligungen (Anteil: 30,92 Prozent) sowie die Versorgungswerke der Zahnärztekammern Berlin (20,66 Prozent) und Nordrhein (15,03 Prozent) mitziehen würden, ist offen. Immerhin scheint die Zeit nicht zu drängen. „Aus heutiger Sicht sind bei der Refinanzierung keine relevanten Probleme zu sehen“, betonte Vorstand Bauer bei seiner Präsentation auf der MKK. Überhaupt macht der Manager einen entspannten Eindruck – sofern man das bei einer virtuellen Investorenveranstaltung sagen kann.
Das Unternehmen fokussiert sich künftig noch stärker auf das Eisenbahngeschäft, zumal der Bereich Seecontainer durch sukzessive Verkäufe älterer Container quasi von allein kleiner wird. „In den kommenden zwei bis drei Jahren werden Seecontainer weniger als zehn Prozent vom Umsatz ausmachen“, sagt Bauer. Zur Einordnung: 2019 waren es noch rund 23 Prozent. Insgesamt macht das alles einen runden Eindruck. Und sollten sich die Rahmenbedingungen nicht komplett verschlechtern, dürfte sich die Aktie tendenziell auch wieder dem Kursziel von Metzler annähern. Geeignet ist der Titel – trotz des recht stabilen Geschäftsmodells – freilich nur für risikofreudige Investoren. Eine Dividende zahlt Aves One nicht.
Foto: