Endlich wieder einmal Grund zur Freude für die Aktionäre von Geratherm Medical. Obwohl das Medizintechnikunternehmen auch für 2019 enttäuschende Zahlen vorgelegt hat, notiert der Spezialwert mit 12 Euro so hoch wie schon lange nicht mehr. Kein Wunder: Geratherm gilt als doppelter Corona-Profiteur. So ist das im thüringischen Geschwenda ansässige Unternehmen der wichtigste Anbieter von analogen Glasfieberthermometern, hat aber auch berührungslose Digitalthermometer im Angebot. Insgesamt stehen Fieberthermometer für knapp die Hälfte der Umsatzerlöse von Geratherm – sind also maßgeblich für das Wohl und Wehe des Unternehmens. Man muss kein Pharmaexperte sein um zu erahnen, dass insbesondere die Produkte für kontaktloses Temperaturmessen zurzeit schwer gefragt sein müssen. Und so betont auch der Geratherm-Vorstand: „Die Produktion von Fieberthermometern wird gegenwärtig um 30 Prozent erhöht. Die Nachfrage kann damit aber derzeit nicht abgedeckt werden.“ Jedenfalls stehen die Chancen gut, dass das Unternehmen schon allein aufgrund dieser Sonderkonjunktur im laufenden Jahr die 2019er-Erlöse von 19,90 Mio. Euro signifikant steigern sollte.
Nicht ganz so bekannt in breiten Anlegerkreisen ist indes, dass Geratherm – neben medizinischen Wärmesystemen und einer digitalen Lösung zur Messung von Schlaganfallrisiken – auch im Bereich Lungenfunktionsdiagnostik aktiv ist. Hauptabnehmer der Produkte sind in erster Linie Universitätskliniken und auf Lungenerkrankungen spezialisierte Arztpraxen. Und genau hier sehen Investoren momentan den eigentlichen Kurstreiber. „Es gibt Hinweise, dass die Lungenfunktion von Patienten nach Corona bedingtem Krankenhausaufenthalt eingeschränkt sein könnte“, heißt es offiziell. Und so ist der Absatz von Lungenfunktionsmessgeräten für Geratherm bereits im ersten Quartal 2020 um rund 30 Prozent gestiegen – insbesondere dank starker Nachfrage aus China. Zuletzt machten die Lungendiagnosegeräte gut 20 Prozent der Konzernerlöse aus.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 21,03 | 21,52 | 19,85 | 27,47 | 23,94 | 25,85 | 20,96 | |
EBITDA1,2 | 1,77 | 2,80 | 2,35 | 4,35 | 2,31 | 3,55 | 4,27 | |
EBITDA-Marge3 | 8,42 | 13,01 | 11,84 | 15,84 | 9,65 | 13,73 | 20,37 | |
EBIT1,4 | 0,63 | 1,99 | 1,05 | 3,04 | 0,59 | 2,07 | 2,55 | |
EBIT-Marge5 | 3,00 | 9,25 | 5,29 | 11,07 | 2,46 | 8,01 | 12,17 | |
Jahresüberschuss1 | 0,22 | 0,83 | 0,29 | 1,90 | 0,33 | 1,08 | 1,67 | |
Netto-Marge6 | 1,05 | 3,86 | 1,46 | 6,92 | 1,38 | 4,18 | 7,97 | |
Cashflow1,7 | 2,47 | 1,35 | 1,54 | 3,92 | 0,92 | 2,79 | 1,47 | |
Ergebnis je Aktie8 | 0,14 | 0,23 | 0,11 | 0,41 | 0,02 | 0,19 | 0,21 | |
Dividende8 | 0,47 | 0,40 | 0,25 | 0,40 | 0,12 | 0,15 | 0,10 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: Baker Tilly |
Eine erste Prognose für 2020 wird Geratherm zwar vermutlich erst mit der Vorlage des Geschäftsberichts am 23. April vorlegen. Es würde boersengefluester.de jedoch nicht überraschen, wenn die Gesellschaft im laufenden Jahr auf Erlöse von rund 25 Mio. Euro zusteuern würde. Gleichzeitig sollte das Ergebnis – auch wegen des Wegfalls von Sondereffekten – kräftig zulegen. Wir halten einen Überschuss im Bereich um knapp 2,50 Mio. Euro für mindestens machbar. Demgegenüber steht zurzeit ein Börsenwert von 59,4 Mio. Euro. Damit ist der Spezialwert zwar noch immer im KGV-Bereich nördlich von 20. Momentan ist das jedoch nicht der springende Punkt aus Anlegersicht. Wichtiger ist, dass Geratherm Produkte im Angebot hat, die derzeit arg gefragt sind und das wohl auch noch eine Weile so bleiben wird. Also: Am besten die Enttäuschungen der vergangenen Jahre ausblenden und der Aktie eine neue Chance geben. Immerhin hat das Unternehmen nun endlich wieder eine zackige Investmentstory – so traurig der Anlass auch ist. Was uns indes weniger schmeckt, sind die jüngsten Aktienverkäufe von CEO Gert Frank im Volumen von immerhin 60.000 Stück.
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