Die Quittung an der Börse war heftig. Gegenüber dem Anfang April 2021 erreichten Rekordniveau von fast 74 Euro verlor die Aktie von Knaus Tabbert um mehr als 30 Prozent an Wert und rutschte damit sogar unter den Emissionskurs von 58 Euro. Für betroffene Anleger ist das alles andere als schön. Doch es spricht einiges dafür, dass es sich nur um eine Kursdelle handelt und der Anteilschein des Herstellers von Reisemobilen und Wohnwagen zurück in die Spur findet. Immerhin hat Knaus Tabbert randvolle Auftragsbücher. Nur die Belieferung Fahrzeugchassis und anderen Bauteilen ist im Zuge der globalen Verwerfungen bei den Lieferketten ins Stocken geraten und sorgte für ein schwaches drittes Quartal sowie eine Neueinschätzung der Prognose für 2021. Demnach kalkuliert der Vorstand nur noch mit einem Umsatzplus von sieben Prozent auf rund 850 Mio. Euro – statt der bislang in Aussicht gestellten Erlösverbesserung zwischen 20 und 22 Prozent.
Die um Sondereffekte bereinigte EBITDA-Marge wird dabei mit rund sieben Prozent um etwa einen Prozentpunkt niedriger sein, als bislang vermutet. Damit dürfte die Gesellschaft auf ein adjustiertes Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen von knapp 60 Mio. Euro zusteuern. Zum Vergleich: Inklusive der Netto-Finanzverbindlichkeiten von zuletzt 104 Mio. Euro beträgt der Unternehmenswert (Enterprise Value) zurzeit etwa 684 Mio. Euro. Sonderlich ambitioniert bewertet ist die Aktie damit schon jetzt nicht. Das gilt umso mehr beim Blick auf 2022, wo boersengefluester.de trotz der enormen Investitionen in den Ausbau der Kapazitäten – bereits mit einem signifikanten EBITDA-Anstieg Richtung 90 Mio. Euro rechnet – entsprechend einem EV-Multiple von knapp acht. Zudem gehen wir davon aus, dass der massive Trend hin zu individuellen Urlaubsreisen mit Caravans oder Wohnwagen von langfristiger Natur ist und nicht bloß eine kurzfristige Konsequenz der Corona-Lage.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 591,97 | 728,01 | 780,39 | 794,59 | 862,62 | 1.049,52 | 1.441,02 | |
EBITDA1,2 | 54,23 | 56,71 | 64,27 | 66,01 | 59,44 | 69,33 | 123,76 | |
EBITDA-Marge3 | 9,16 | 7,79 | 8,24 | 8,31 | 6,89 | 6,61 | 8,59 | |
EBIT1,4 | 42,74 | 43,22 | 45,87 | 46,56 | 38,39 | 45,47 | 95,41 | |
EBIT-Marge5 | 7,22 | 5,94 | 5,88 | 5,86 | 4,45 | 4,33 | 6,62 | |
Jahresüberschuss1 | 29,28 | 28,62 | 31,17 | 31,33 | 25,90 | 29,62 | 60,32 | |
Netto-Marge6 | 4,95 | 3,93 | 3,99 | 3,94 | 3,00 | 2,82 | 4,19 | |
Cashflow1,7 | 35,81 | 28,59 | 44,12 | 71,03 | 27,20 | 2,80 | 32,10 | |
Ergebnis je Aktie8 | 2,83 | 2,77 | 3,00 | 3,02 | 2,50 | 2,85 | 5,81 | |
Dividende8 | 1,50 | 1,50 | 3,00 | 1,50 | 1,50 | 1,50 | 2,90 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: KPMG |
Zur weiteren Einordnung in Sachen Bewertung: Der ebenfalls börsennotierten US-Caravan-Konzern Thor Industries – zu dem seit 2019 auch der deutsche Anbieter Hymer gehört – wird zurzeit sogar nur mit einem Multiple von etwas weniger als fünf (bezogen auf die Relation EV/EBITDA 2022) gehandelt. Bei dem französischen Wettbewerber Trigano – zuletzt gab es hier ebenfalls einen Gewinnwarnung – beträgt der entsprechende Faktor rund knapp sieben. Nochmals deutlich günstiger ist die Aktie der amerikanischen Camping World Holdings (CWH), wobei CWH als Plattform bzw. Händler für Campingwagen und -equipment vom Geschäftsmodell nicht direkt vergleichbar ist. Nun: Egal, für welche Aktie sich ein Anleger entscheidet. Das Chance-Risiko-Verhältnis scheint uns bei allen Papieren sehr vorteilhaft zu sein. Am 10. Februar wird Knaus Tabbert vorläufige Umsatzzahlen für 2021 veröffentlichen, Ende März folgt dann der Geschäftsbericht. Und na klar: Entscheidend wird hier der Ausblick sein. Doch sollte sich die Zulieferkrise nicht noch weiter verschärfen, müssten die Zeichen hier normalerweise auf Grün stehen.
Foto: Knaus Tabbert AG
