Aktien mit einer extremen Dividendenrendite üben auf Anleger meist einen ganz besonderen Reiz aus. Das ist bei Muehlhan nicht anders. Immerhin bietet der Titel des Hamburger Unternehmens zur nächsten Hauptversammlung am 6. Juni 2023 eine Dividende von 1 Euro je Aktie – entsprechend einer Rendite von rund 39 Prozent beim aktuellen Aktienkurs von 2,59 Euro. Das ist zwar nicht ganz viel, wie ursprünglich von boersengefluester.de vermutet, aber immerhin doch eine ganze Menge Geld. Um nicht in eine Falle zu tappen, sollten Investoren, die sich nicht so genau mit dem Unternehmen auskennen, jedoch einige Dinge beachten: Zunächst einmal ist es so, dass die ehemals in den Bereichen Oberflächenschutz für maritime Anwendungen sowie Gerüstbau tätige Gesellschaft vor nicht allzu langer Zeit nahezu ihr komplettes operatives Geschäft für rund 63 Mio. Euro (Sonderfaktoren ausgeklammert) an die amerikanische Private Equity-Firma One Equity Partners veräußert hat.
Übrig geblieben sind im Wesentlichen nur die Engagements in Russland und dem Nahen Osten. Um die Dimension besser einzuordnen: Nachdem Muehlhan im frisch veröffentlichten Geschäftsbericht für 2022 noch Umsätze von rund 288 Mio. Euro ausweist, sollen die Erlöse im laufenden Jahr nur zwischen 15 und 20 Mio. Euro betragen – bei einem vermutlich ausgeglichenen Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT). Nach der Transaktion ist die Gesellschaft mittlerweile frei von Bankschulden und weist zudem noch gut 55 Mio. Euro an liquiden Mitteln auf der Aktivseite aus. Das wiederum korrespondiert mit einem Börsenwert von zurzeit etwas mehr als 50 Mio. Euro.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2016 | 2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | ||
Umsatzerlöse1 | 254,33 | 247,72 | 267,80 | 295,27 | 260,38 | 298,52 | 288,28 | |
EBITDA1,2 | 14,24 | 16,03 | 18,31 | 24,51 | 14,40 | 27,21 | 17,86 | |
EBITDA-Marge3 | 5,60 | 6,47 | 6,84 | 8,30 | 5,53 | 9,12 | 6,20 | |
EBIT1,4 | 6,88 | 8,53 | 10,06 | 12,40 | 3,04 | 16,74 | 12,74 | |
EBIT-Marge5 | 2,71 | 3,44 | 3,76 | 4,20 | 1,17 | 5,61 | 4,42 | |
Jahresüberschuss1 | 2,84 | 4,65 | 5,52 | 6,25 | 1,27 | 9,79 | 6,37 | |
Netto-Marge6 | 1,12 | 1,88 | 2,06 | 2,12 | 0,49 | 3,28 | 2,21 | |
Cashflow1,7 | 8,88 | 15,41 | 11,36 | 10,89 | 11,76 | -5,02 | 5,20 | |
Ergebnis je Aktie8 | 0,09 | 0,22 | 0,27 | 0,33 | 0,02 | 0,43 | 0,18 | |
Dividende8 | 0,06 | 0,08 | 0,10 | 0,00 | 0,12 | 0,75 | 1,00 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: Grant Thornton |
Ganz falsch liegt der Kapitalmarkt mit seiner aktuellen Einschätzung also nicht. Zumal es die üblichen Holding-Kosten zu berücksichtigen gilt. Über die jetzt geplante Dividende von 1 Euro je Aktie – entsprechend einer Ausschüttungssumme von knapp 19,40 Mio. Euro – will Muehlhan die Anteilseigner an dem Verkauf teilhaben lassen. Wichtig: Die 39 Prozent Dividendenrendite sind nicht wie eine Verzinsung auf einem Konto zu verstehen. Zeitgleich mit der Ausschüttung wird die Dividende nämlich auch vom Aktienkurs abgezogen. Es gibt also nichts geschenkt! Oder wie es so plakativ heißt: Gratiskäse gibt es nur in der Mausefalle.
Zweiter Teil der Muehlhan-Kapitalschrumpfkur ist ein flankierendes Aktienrückkaufprogramm im Volumen von vermutlich bis zu 14,6 Mio. Euro. Unterstellt man einfach mal, dass die Aktie nach der Ausschüttung auf einen Kurs von 1,59 Euro fällt und dies auch der Preis für eine offizielle Offerte sei, könnten mit dem Betrag maximal gut 9 Millionen Aktien zurückgekauft werden. Das wiederum entspricht etwas weniger als der Hälfte sämtlicher im Umlauf befindlichen Titel. Letztlich geht es also darum, den verbliebenen Investoren eine Exit-Rampe zu bieten, denn die nur im Freiverkehr notierte Gesellschaft plant darüber hinaus ein Delisting. Davon sollten sich Investoren freilich nicht zu sehr beeindrucken lassen, denn aller Erfahrung nach werden die von einem solchen Börsenrückzug betroffenen Aktien im regionalen Freiverkehr – am aktivsten ist hier Hamburg – ganz normal weitergehandelt.
Alles weitere obliegt dann den Spezialisten aus dem Nebenwertesektor, die mit spitzem Bleistift rechnen und die nötige Zeit mitbringen. Immerhin gibt es noch eine Differenz von rund 20 Mio. Euro, die nach den kommunizierten Dividenden- und Rückkaufplänen im Unternehmen liegen bleiben. Für das verbliebene operative Geschäft wäre das selbst bei einer Entspannung im Russland-Ukraine-Krieg noch immer zu viel und könnte bei einem finalen Wertgutachten als Schlussprämie im Falle eines Squeeze-outs gehoben werden.
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