Die volle Punktzahl hat Noratis beim Börsengang im Sommer 2017 nun wahrlich nicht abgeräumt. Der Emissionserlös von brutto 17,25 Mio. Euro erreichte nicht einmal 40 Prozent des ursprünglich avisierten Volumens. Kein Wunder: Es wurden viel weniger Aktien als gedacht neu platziert, zudem musste die Immobiliengesellschaft aus Eschborn am Ende den unteren Preis der Ausgabespanne von 18,75 bis 22,75 Euro akzeptieren. Was anfangs ein wenig nach IPO-Flop im neuen Börsensegment Scale aussah, hat sich mittlerweile aber zu einer passablen Investmentstory entwickelt, wobei die Notiz ihr Potenzial vermutlich noch längst nicht ausgeschöpft hat. Vor allen Dingen unter Dividendengesichtspunkten könnte der Titel im kommenden Jahr für Furore sorgen. Immerhin will Noratis rund die Hälfte des Überschusses an die Aktionäre ausschütten. Das könnte nach Auffassung von boersengefluester.de bedeuten, dass zwischen 1,40 und 1,60 Euro pro Anteilschein ausgekehrt werden – entsprechend einer Dividendenrendite von etwa acht Prozent.
Naturgemäß ist es für eine verbindliche Dividendenprognose noch viel zu früh. Im Hintergrundgespräch mit boersengefluester.de lässt CFO André Speth jedoch durchblicken, dass solche Rechnungen nicht aus der Luft gegriffen sind. Noch wichtiger ist Speth jedoch, dass das Geschäftsmodell von Noratis am Kapitalmarkt richtig rüberkommt – und die Aktie dann auch entsprechende Bewertung erfährt. Zunächst einmal ist die Gesellschaft auf Wohnimmobilien am Rand von Ballungszentren oder auch in mittleren und kleineren Städten wie Dormagen, Krefeld oder auch Bünde in der Nähe von Herford spezialisiert. Soweit nichts Besonderes. Auch gibt es an der Börse bereits Gesellschaften, die sich um eher einfache Objekte – häufig Werkswohnungen – kümmern: In diesem Segment sind etwa Unternehmen wie – die freilich sehr viel größeren – Grand City Properties oder auch Adler Real Estate unterwegs.
Interessant ist, dass Noratis ein kombiniertes Geschäftsmodell als Bestandshalter und Projektentwickler fährt. So werden die aufgewerteten Immobilien im Normalfall nach zwei bis drei Jahren – blockweise oder einzeln – wieder verkauft. Wichtigster Deal war bislang ein Ensemble von 755 Wohnungen in Dormagen, von denen sich Noratis – nach erfolgter Sanierung innerhalb von knapp zwei Jahren – in mehreren Etappen nun weitgehend wieder getrennt hat. Dafür gibt es regelmäßig neue Zukäufe, wie zuletzt 19 Wohnungen in Frankfurt Fechenheim. „Für uns sind Investments in und um Frankfurt quasi ein Heimspiel, wir sind mit Marktgegebenheiten und den relevanten Playern bestens vertraut“, sagt Igor Bugarski, CEO von Noratis. Insgesamt ist das Grundrauschen jedenfalls so hoch, dass die Dormagen-Transaktion keinen Ausreißer nach oben – auch mit Blick auf die Dividende – darstellen sollte.
Bewertungstechnisch ist Noratis aufgrund des Geschäftsmodells kaum mit klassischen Immobilienkennzahlen, wie dem Net Asset Value (NAV) oder dem FFO (Funds From Operations), zu greifen. Letztlich passen klassische Multiplikatoransätze wie Enterprise Value (EV) zu EBITDA sehr viel besser. Dabei kommt die nach HGB bilanzierende Gesellschaft gegenwärtig auf einen Unternehmenswert – also Marktkapitalisierung plus Netto-Finanzverschuldung – von gut 137 Mio. Euro. Dem steht ein für 2017 zu erwartendes Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) von gut 15 Mio. Euro gegenüber. Gegen diese Relation lässt sich wohl nichts sagen. Ein Manko, gerade für institutionelle Investoren, ist derweil der an sich recht niedrige Börsenwert von knapp 53 Mio. Euro – bei einem Streubesitzanteil von 31,8 Prozent. Größere Stückzahlen lassen sich da nur schwer kaufen oder eben verkaufen. Für Privatanleger sollten die normalen Handelsumsätze aber ausreichend sein.
Fazit: Interessanter Spezialwert, den man sich spätestens für die kommende HV-Saison merken sollte. Zudem machte das Management auf uns einen überzeugenden Eindruck. Die nächsten öffentlichen Auftritte vor Investoren sind Ende November beim Eigenkapitalforum in Frankfurt und wenig später dann auf der MKK Münchner Kapitalmarktkonferenz. Vielleicht wird der Titel ja auch noch dieses Jahr entdeckt. Noch gibt es die Noratis-Aktie mehr oder weniger zum Emissionspreis. Die Analysten von Independet Research setzen das Kursziel bei 26,50 Euro. Das entspricht einem Potenzial von stattlichen 46 Prozent.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 67,99 | 56,12 | 75,95 | 28,70 | 73,60 | 85,61 | 60,18 | |
EBITDA1,2 | 15,32 | 15,72 | 15,95 | 8,63 | 16,29 | 12,98 | 4,08 | |
EBITDA-Marge3 | 22,53 | 28,01 | 21,00 | 30,07 | 22,13 | 15,16 | 6,78 | |
EBIT1,4 | 15,22 | 15,55 | 15,76 | 8,21 | 19,36 | 12,50 | 3,55 | |
EBIT-Marge5 | 22,39 | 27,71 | 20,75 | 28,61 | 26,30 | 14,60 | 5,90 | |
Jahresüberschuss1 | 8,67 | 9,27 | 8,67 | 2,80 | 9,54 | 8,28 | -10,99 | |
Netto-Marge6 | 12,75 | 16,52 | 11,42 | 9,76 | 12,96 | 9,67 | -18,26 | |
Cashflow1,7 | 12,86 | -0,09 | -18,36 | -94,05 | -70,10 | -33,03 | 22,91 | |
Ergebnis je Aktie8 | 2,97 | 2,57 | 2,40 | 0,58 | 1,97 | 1,71 | -2,21 | |
Dividende8 | 1,50 | 1,30 | 0,80 | 0,50 | 0,55 | 0,00 | 0,00 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: RGT Treuhand |