Gleich mal vorweg: Dass auch der frisch veröffentlichte Geschäftsbericht 2022 von Cenit keinen Investor Relations-Teil mit expliziten Infos zu der Aktie des Software- und Beratungsunternehmens enthält, empfinden wir als verpasste Gelegenheit. Dabei ist CEO Peter Schneck eigentlich jemand, den wir regelmäßig auf Kapitalmarktkonferenzen sehen – zuletzt im Februar 2023 auf den von Montega organisierten Hamburger Investorentagen (HIT). Und auf diesen Veranstaltungen hinterlässt Peter Schneck stets einen prima Eindruck bei den Profianlegern. Schwer nachvollziehbar also, warum das Thema IR im Reporting von Cenit stets so kurz kommt. An der Firmenpolitik des Großaktionärs Primepulse kann es eigentlich nicht liegen, denn die ebenfalls zum Portfolio von Primepulse gehörende Stemmer Imaging AG verhält sich diesbezüglich absolut vorbildlich. Dabei bietet die Cenit-Aktie für unseren Geschmack eine attraktive Chance-Risiko-Kombination.
Die jetzt vorgelegten Zahlen mit Erlösen von 162,15 Mio. Euro sowie einem Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT) von 6,31 Mio. Euro liegen zwar deutlich unterhalb den ursprünglich kommunizierten Werten, allerdings hatte Cenit bereits Ende November auf das schwächer als gedacht laufende Abschlussquartal hingewiesen und die Prognose entsprechend gekürzt. Zumindest bezogen auf die reduzierte Vorschau haben die Stuttgarter nun eine Punktlandung hingelegt. Das Ergebnis je Aktie stieg von 0,51 auf 0,75 Euro. Keine sonderliche Überraschung ist derweil, dass Cenit die Dividende zur Hauptversammlung am 17. Mai 2023 von 0,75 auf 0,50 Euro je Aktie verringert. “Dies entspricht der historischen Dividendenpolitik, wonach stets 50 Prozent des Bilanzgewinns an die Aktionäre ausgeschüttet wird”, heißt es im Geschäftsbericht. Für Neueinsteiger ergibt sich beim aktuellen Kurs von 13 Euro aber immer noch eine attraktive Dividendenrendite von 3,8 Prozent.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 151,70 | 169,99 | 171,71 | 147,24 | 146,07 | 162,15 | 184,72 | |
EBITDA1,2 | 15,27 | 11,95 | 15,24 | 9,59 | 11,27 | 11,94 | 16,41 | |
EBITDA-Marge3 | 10,07 | 7,03 | 8,88 | 6,51 | 7,72 | 7,36 | 8,88 | |
EBIT1,4 | 12,84 | 9,03 | 9,20 | 3,63 | 6,23 | 6,31 | 9,22 | |
EBIT-Marge5 | 8,46 | 5,31 | 5,36 | 2,47 | 4,27 | 3,89 | 4,99 | |
Jahresüberschuss1 | 8,99 | 6,13 | 6,96 | 2,92 | 4,35 | 6,61 | 4,99 | |
Netto-Marge6 | 5,93 | 3,61 | 4,05 | 1,98 | 2,98 | 4,08 | 2,70 | |
Cashflow1,7 | 3,92 | 9,62 | 11,68 | 12,28 | 8,24 | 11,49 | 5,33 | |
Ergebnis je Aktie8 | 1,07 | 0,73 | 0,82 | 0,28 | 0,51 | 0,75 | 0,54 | |
Dividende8 | 1,00 | 0,60 | 0,00 | 0,47 | 0,75 | 0,50 | 0,04 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: Grant Thornton |
Für das laufende Jahr stellt Peter Schneck Erlöse von rund 180 Mio. Euro sowie ein EBIT von mehr als 9,5 Mio. Euro in Aussicht. Die daraus abgeleitete EBIT-Marge von etwas mehr als fünf Prozent ist für ein Unternehmen aus dem Software-Sektor grundsätzlich noch immer nicht wirklich gut und liegt auch unterhalb der Konsensschätzungen der Analysten. Zu berücksichtigen ist allerdings, dass Cenit nur rund elf Prozent der Umsätze mit dem Verkauf eigener Software erzielt, der Löwenanteil entfällt auf Fremdsoftware – insbesondere von der französischen Dassault Systèmes – sowie Wartung. Dabei hat sich das Team von Cenit ambitionierte Ziele gesetzt: Bis 2025 soll der Umsatz auf rund 300 Mio. Euro klettern, die EBIT-Marge soll dann auf eine Bandbreite von acht bis zehn Prozent klettern. Im Mittel wäre das ein Betriebsergebnis von etwa 27 Mio. Euro. Bei einem Börsenwert von zurzeit nur 109 Mio. Euro ist das eine Ansage.
Ohne Zukäufe wird das Ziel im genannten Zeitraum allerdings nicht zu erreichen sein. Verstärkungen spielen demnach (seit jeher) eine wichtige Rolle in der Firmenstrategie. Gleichwohl stellt das Unternehmen klar: „Der Plan für das anorganische Wachstum basiert auf nur zwei bis drei Akquisitionen jährlich, um eine Verwässerung der Cenit-Kultur zu vermeiden.“ Die Finanzierung erfolgt zu Teil aus der eigenen – sehr robusten – Bilanz, Kapitalerhöhungen sind nur bei Kaufpreisen von mehr als 50 Mio. Euro vorgesehen. Die Hälfte des geplanten Umsatzziels hat Cenit gegenwärtig erreicht. „Dies ist ein solider Stand“, wie Peter Schneck betont. Er weiß aber auch, dass in den nächsten drei Jahren „die entscheidende Phase“ auf Cenit zukommt. Nun: Sollte die Gesellschaft das geplante Tempo stemmen, müsste der Aktienkurs normalerweise in ganz andere Regionen vordringen. Die aktuelle Konsolidierung könnte da ein gutes Einstiegslevel sein.
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