Es ist wie verhext. Der Aktienkurs von German Startups Group will momentan einfach nicht auf die Beine kommen. Dabei hat die Venture-Capital-Gesellschaft bislang keine schlechten Nachrichten produziert. Im Gegenteil: Die Zahlen für 2015 sowie der erste Überblick für das Auftaktquartal 2016 konnten sich allesamt sehen lassen. Und mit der Beteiligung an dem Social-Trading-Anbieter ayondo, der überraschend seinen Börsengang in Singapur angekündigt hat, haben die Berliner einen sogar Exit-Kandidaten im Köcher. Auch die Analysten räumen dem Small Cap ein stattliches Potenzial ein. Die Kursziele liegen im Schnitt bei etwas mehr als 4 Euro – also um fast 60 Prozent über der gegenwärtigen Notiz. Woher kommt also der Gegenwind? Natürlich ist das allgemeine Börsenumfeld rauer geworden. Offensichtlich ist aber auch, dass German Startups Group von einigen Investoren in eine Schublade mit Rocket Internet gesteckt wird. Und aus dieser Ecke kamen zuletzt ja eher unerfreuliche Nachrichten. Zudem wird bei German Startups Group über eine angeblich bevorstehende Kapitalerhöhung getuschelt. Boersengefluester.de wollte es wissen und hat bei dem CEO, Christoph Gerlinger, nachgehakt.
Herr Gerlinger, in Frankfurt wird gemunkelt, dass die German Startups Group eine Kapitalerhöhung plant. Was ist dran an den Gerüchten?
Christoph Gerlinger: Wir sind solide finanziert, profitabel und sehen gute Chancen für Exits von Portfoliounternehmen in 2016. Es gibt keinerlei Pläne oder gar Notwendigkeit, noch vor der Sommerpause oder überhaupt zu einem bestimmten Zeitpunkt aktiv zu werden. Für unsere Aktionäre, aber auch für uns, wäre es ohnehin erfreulich, wenn eine etwaige Kapitalmaßnahme erst nach Erreichen weiterer Wertsteigerungen im Portfolio und der damit hoffentlich einhergehenden Kurssteigerung der Aktie stattfände.
Die Notiz Ihrer Aktie war die vergangenen Tage trotz positiver Meldungen unter Druck. Inwiefern leidet die German Startups Group unter dem Kurseinbruch von Rocket Internet?
Nach Einschätzung von Beobachtern leiden wir stark unter negativen Kursentwicklungen von Rocket, weil der Kapitalmarkt uns mit ihnen über einen Kamm schert, auch wenn sich unser Geschäftsmodell und die Bewertungen unserer Portfoliounternehmen stark von Rocket unterscheiden. Schlechte Nachrichten von Rocket erzeugen scheinbar oft Ängste, dass ähnliche Entwicklungen bei uns eingetreten seien könnten. Außer unserer Beteiligung an Delivery Hero gibt es aber keine Überschneidungen mit dem Rocket-Portfolio. Somit korrelieren die Wertentwicklung der Portfoliounternehmen von Rocket und von uns auch in der Regel nicht. Wenn also zum Beispiel der Wert von HelloFresh steigt oder fällt, bedeutet das eben nicht, dass der Wert eines unserer Portfoliounternehmen ebenfalls steigt oder fällt.
Bestehen bei der German Startups Group ähnliche Bilanzrisiken?
Nicht in diesem Umfang im Verhältnis zum Gesamtportfolio und nicht mit diesem Überraschungsmoment – bei Rocket wurde eine überraschender mark-down von rund 500 Millionen Euro oder sieben Prozent des von Rocket veröffentlichten NAV – also des Gesamtwerts des Portfolios – gemeldet. Unsere größten Beteiligungen machen aktuell sechs Prozent der Bilanzsumme aus. Das heißt, dass nicht einmal im theoretischen Fall einer plötzlichen Vollabwertung einer unserer größten Einzelbeteiligungen ein so großer relativer Effekt hervorgerufen werden könnte. Hinzu kommt, dass die Portfoliounternehmen mit dem größten Anteil an unserer Bilanzsumme bereits fortgeschrittene Reifegrade aufweisen. Daher ist solch ein dramatischer plötzlicher Wertverlust bei uns ziemlich unwahrscheinlich.
Womit rechnen Sie eher?
Viel wahrscheinlicher sind meines Erachtens plötzliche Aufwertungen in solchen Größenordnungen, da eine natürliche Asymmetrie herrscht, denn Anteile können ja bekanntlich nur 100 Prozent an Wert verlieren aber mehrere tausend Prozent an Wert gewinnen, zum Beispiel im Fall eines Exits. Aber aktuell scheint der Markt nur auf die Risiken zu schauen und die großen, aus der Innovationskraft sehr erfolgreicher deutscher Jungunternehmer resultierenden Chancen, nicht zu würdigen.
Christoph Gerlinger, CEO der German Startups Group, besitzt rund 20 Jahre Führungserfahrung in der Internetbranche. Unter anderem gründete er Frogster Interactive Pictures, führte das Unternehmen an die Börse und leitete es sieben Jahre als Vorstandsvorsitzender. Zuvor war Gerlinger Deutschlandchef von Infogrames/Atari und CFO der ebenfalls von ihm an die Börse gebrachten CDV Software Entertainment.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 9,61 | 12,53 | 16,45 | 0,13 | 11,10 | 13,32 | 4,79 | |
EBITDA1,2 | 2,70 | 2,34 | 4,84 | -1,12 | 6,79 | 2,61 | -7,67 | |
EBITDA-Marge3 | 28,10 | 18,68 | 29,42 | -861,54 | 61,17 | 19,59 | -160,13 | |
EBIT1,4 | 2,27 | 1,72 | 4,19 | -1,12 | 5,61 | -5,31 | -82,49 | |
EBIT-Marge5 | 23,62 | 13,73 | 25,47 | -861,54 | 50,54 | -39,87 | -1.722,13 | |
Jahresüberschuss1 | 1,68 | -0,68 | 3,42 | -0,74 | 14,08 | 6,85 | -81,51 | |
Netto-Marge6 | 17,48 | -5,43 | 20,79 | -569,23 | 126,85 | 51,43 | -1.701,67 | |
Cashflow1,7 | -2,00 | -1,60 | 0,88 | -1,75 | -5,83 | 10,76 | -2,68 | |
Ergebnis je Aktie8 | 0,14 | -0,05 | 0,26 | -0,05 | 0,28 | 0,16 | -1,76 | |
Dividende8 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,02 | 0,02 | 0,00 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: Forvis Mazars |
Fotos: German Startups Group (Firmenbüro in Berlin)