Haier Smart Home ist vielen deutschen Anlegern noch kaum bekannt. Der Hersteller von Haushaltsgeräten wie Kühl- und Gefrierschränken, Waschmaschinen, Klimaanlagen oder Küchengeräten ist das derzeit einzige Blue-Chip-Unternehmen aus China, das über sogenannte D-Shares in Frankfurt gelistet ist. Die D-Shares weisen zudem eine Eigenart auf: Sie notieren – etwa bezogen auf das KGV – mit einem deutlichen Abschlag zur Hauptnotiz in China. Vor wenigen Tagen machte Haier Smart Home mit einer milliardenschweren Übernahme auf sich aufmerksam. Den Aktionären von Haier Electronics wurde ein Kaufangebot unterbreitet. Mit der in Frankfurt ansässigen IR-Verantwortlichen Yao Sun haben wir uns über den angekündigten Deal und über die Bewertungsdifferenz der hier gelisteten D-Shares unterhalten.
Haier Smart Home beabsichtigt, Haier Electronics durch eine Sachkapitalerhöhung auf der Haier Smart Home zu verschmelzen. Ein mutiger Schritt in einem herausfordernden Umfeld. Warum wollen Sie ausgerechnet jetzt, wo die die globale Wirtschaft Bremsspuren zeigt, zukaufen?
Yao Sun: Haier Smart Home war schon vor der Transaktionsankündigung mehrheitlich mit 45,6 Prozent an Haier Electronics beteiligt. Die Komplettübernahme ist eine logische Konsequenz und vor allem eine strategische Entscheidung, bei der kurzfristige Konjunkturschwankungen keinen Einfluss für uns haben. Sie müssen wissen, der Haushaltsgerätemarkt ist ein Verdrängungswettbewerb. Man kann durch Innovationen und durch Akquisitionen Marktanteile gewinnen. Haier Smart Home geht beide Wege. Beide Firmen arbeiten bereits erfolgreich zusammen. Durch die Integration unter ein Dach und die Arbeit auf einer einheitlichen Betriebs- und Datenplattform wird das künftig noch reibungsloser funktionieren. Hinzu kommen beträchtliche Synergiepotenziale in zentralen Funktionen wie Einkauf, Marketing, F&E, Verwaltung, Vertrieb et cetera.
Wie funktioniert die Transaktion im Einzelnen?
Yao Sun: Die Transaktion erfolgt durch Aktientausch und Barzahlung. Jede Haier-Electronics-Aktie kann gegen 1,6 H-Shares von Haier Smart Home plus 1,95 HK-Dollar in bar eingetauscht werden. Zu diesem Zweck wird Haier Smart Home einen Antrag für die Notierung von H-Aktien in Hongkong stellen und plant, bis zu 2,9 Milliarden neue Aktien zu platzieren. Die Transaktion ist vom jeweiligen Board bereits genehmigt. Die behördlichen Genehmigungen stehen noch aus.
Welche Synergiepotenziale sehen Sie bei der Transaktion, wie wollen Sie diese heben?
Yao Sun: Die Synergiepotenziale zu quantifizieren wäre Stand heute unseriös. Die Möglichkeiten, Synergien zu heben, sind jedoch vielschichtig. Bei zwei unabhängigen Unternehmen entstehen trotz erfolgreicher Kooperation zwangsläufig Reibungsverluste. Unter einem Dach werden die internen Prozesse verkürzt, was die Effizienz und letztlich die Rendite für die Aktionäre erhöht. So bieten sich insbesondere in den Bereichen F&E, Produktion und Vertrieb Kostensynergien bei gleichzeitig besserer Finanzstruktur. Im Rahmen der Konsolidierung des Produktangebots können wir darüber hinaus dank der globalen Präsenz von Haier Smart Home das Geschäft von Haier Electronics im Ausland beschleunigen.
Damit einhergehend: Wie hoch sind die Integrationskosten? Wie schnell kann ein international agierender Konzern mit einer Börsenbewertung von umgerechnet etwa 8 Milliarden Euro integriert werden?
Yao Sun: Da Haier Smart Home und Haier Electronics bereits mit erfolgreich zusammenarbeiten, ist die Integration nicht übermäßig anspruchsvoll. Die Zeit, bis die Synergien sichtbar werden, hängt nicht nur vom Integrationsprozess an sich ab, sondern zum Beispiel auch davon, wie sich die COVID-19-Thematik weiterentwickelt und wie schnell sich die globale Wirtschaftsaktivität erholt.
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Starten Sie mit der Transaktion einen weiteren Angriff auf die Branchen-Platzhirsche Gree und Midea? Wie wichtig ist schiere Größe im Haushaltsgeräte-Markt?
Yao Sun: Unser Ziel ist ganz klar, unsere Marktposition als Nummer 1 im globalen Markt für Haushaltsgeräte zu behaupten und auszubauen. Mit unserem Cloud-basierten Ökosystem für Smart Home bieten wir den Kunden eine einzigartige, innovative Lösung, um dieses Ziel zu erreichen. Durch die Integration von IoT, Big Data, Cloud Computing, künstlicher Intelligenz und 5G werden wir das Produktportfolio weiter optimieren und individuell auf die Nutzer zuschneiden. Wir sind stolz darauf, unseren Kunden durch kontinuierliche Innovationen ein einzigartiges Nutzererlebnis zu ermöglichen.
Im Oktober 2018 feierte Haier den ersten sogenannten D-Shares-Börsengang in Deutschland. Mit D-Shares soll deutschen Anlegern die Beteiligung an chinesischen Unternehmen erleichtert werden. Nun werden auch die D-Shares-Eigner durch die Kapitalerhöhung stark verwässert. Welche gute Nachricht haben Sie für die Aktionäre?
Yao Sun: Die gute Nachricht ist, dass der Gewinn von Haier Smart Home nach der Transaktion einen kleinen Sprung machen wird. Die Analysten der Baader Bank zum Beispiel rechnen mit einem positiven Effekt auf den Nettogewinn in der Größenordnung von 32 Prozent. Hinzu kommt das Bekenntnis des Managements, die Ausschüttungsquote von derzeit rund 30 Prozent auf 40 Prozent in den nächsten drei Jahren auszubauen, was einen deutlich positiven Einfluss auf die Dividendenrendite hat.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | |
EBITDA1,2 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | |
EBITDA-Marge3 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | |
EBIT1,4 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | |
EBIT-Marge5 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | |
Jahresüberschuss1 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | |
Netto-Marge6 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | |
Cashflow1,7 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | |
Ergebnis je Aktie8 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | |
Dividende8 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 |
Für das vergangene Jahr haben Sie umgerechnet 0,05 EUR je D-Share ausgeschüttet, was auf dem aktuellen Niveau einer Rendite von etwa 6,5 Prozent entspricht. Trotz der generösen Ausschüttung hat sich die Bewertungslücke zwischen D-Aktie und A-Aktie nicht geschlossen. Sind die deutschen Anleger noch zu zurückhaltend, was chinesische Aktien angeht?
Yao Sun: D-Shares verbriefen die gleichen Rechte wie die A-Shares oder die künftigen H-Shares. Die Ansprüche hinsichtlich Dividenden und Stimmrechte sind identisch. Die Skepsis liegt einerseits im vergleichsweise geringen Emissionsvolumen der D-Shares. Andererseits kommt natürlich die unschöne Historie einiger chinesischer Börsengänge in Deutschland zum Tragen. Mit Haier Smart Home kann man diese jedoch in keiner Weise vergleichen. Haier Smart Home spielt hinsichtlich Qualität und Größe in einer völlig anderen Liga. Hinzu kommt, D-Aktien sind neuartig im deutschen Kapitalmarkt und befinden sich noch in der Entwicklungsphase. Mit dem angestrebten Listing in Hongkong wird Haier Smart Home an einem weiteren, international renommierten und liquiden Handelsplatz gehandelt. Dadurch, dass es einen weiteren Referenzmarkt für die Aktie von Haier Smart Home geben wird, hoffen wir auch auf positive Effekte für die D-Share-Notiz.
In den nächsten drei Jahren planen Sie, die Ausschüttungsquote von 30 Prozent auf 40 Prozent stufenweise anzuheben. Umreißen Sie uns doch bitte einmal genauer die Überlegungen hinter der Dividendenpolitik.
Yao Sun: Alle strategischen Maßnahmen haben letztlich ein Ziel: einen Mehrwert für die Aktionäre zu schaffen. Unsere Aktionäre sollen am Erfolg des Unternehmens maßgeblich beteiligt werden. Die angestrebte Ausschüttungsquote ist als Versprechen an unsere Aktionäre zu sehen.
Weiße Ware, also Haushaltsgeräte, sind ein umkämpfter Markt. Wie wollen Sie sich von der Konkurrenz abheben? Wie wollen Sie sich in diesem Markt positionieren? Wird die Marktbereinigung weiter voranschreiten?
Yao Sun: Wir sehen uns definitiv als treibende Kraft der Marktbereinigung. Durch Innovationen und Ausbau der globalen Präsenz heben wir uns deutlich vom Wettbewerb ab und sehen darin große Chancen, die Marktposition zu stärken. Das schließt im Zweifel akquisitorisches Wachstum wie im vergangenen Jahr mit Candy in Italien ein.
Yao Sun ist seit 2018 bei Haier tätig und leitet dort die Investor Relations-Aktivitäten. Studiert hat sie an der Friedrich-Alexander-Universität in Erlangen-Nürnberg. Zwischen 2011 und 2017 war Yao Sun bei dem damals in Deutschland börsennotierten chinesischen Unternehmen Vtion Wireless Technology als IR-Managerin tätig.