Noch bis zum 10. März 2015 läuft das Abfindungsangebot von Varian Medical Systems für MeVis Medical Solutions. Der US-Konzern bietet 17,50 Euro je Aktie des Softwarespezialisten für die Früherkennung und Diagnostik von Krebserkrankungen. Auf diesem Niveau werden die Bremer mit 31,85 Mio. Euro bewertet. Allerdings hat die ebenfalls börsennotierte Varian Medical Systems (Marktkapitalisierung circa 9,2 Mrd. Dollar) die Offerte an eine Mindestannahmeschwelle von 75 Prozent des stimmberechtigten Kapitals geknüpft. Um auf diese Quote zu kommen, müssten Varian 1.291.836 Aktien angedient werden. Die im Bestand befindlichen 97.553 eigenen Aktien sind hier bereits eingerechnet. Für insgesamt 1.234.330 Aktien von bestehenden MeVis-Investoren gibt es bereits Zusagen. Demnach fehlen den Amerikanern noch 57.506 Papiere, um ans Ziel zu kommen.
Das sieht auf den ersten Blick nach einer lockeren Prüfung aus. Doch die Streubesitzaktionäre zeigen sich momentan alles andere als abgabebereit. Bis zum 17. Februar kam Varian auf insgesamt 1.236.255 MeVis-Aktien. Mit anderen Worten: Es wurden gerade einmal 1.925 Anteile aus dem Streubesitz angedient. Das muss zwar noch nichts heißen, erfahrungsgemäß entscheidet sich das Rennen erst auf der Schlussgeraden. Andererseits ist die abwartende Haltung der restlichen Anleger verständlich, selbst wenn die Analysten von Warburg Research dazu raten, das Angebot anzunehmen bzw. über die Börse zu verkaufen. Immerhin bedeutet die Offerte gerade einmal einen Aufschlag von knapp sechs Prozent auf den Buchwert. Zudem hatte das Management – erstmals seit dem Börsengang im November 2007 – eine knackige Dividende in Aussicht gestellt: 40 bis 60 Prozent des Jahresüberschusses plus möglicherweise eine Nachzahlung für 2013. Boersengefluester.de hatte bislang mit einer Summe von 1,30 Euro pro Aktie kalkuliert. Das hätte den Titel in die vorderen Ränge der Renditehitlisten katapultiert.
Wohl auch vor dem Eindruck der bislang mickrigen Akzeptanz der Offerte bei den freien Aktionären, macht das Management von MeVis nun einen ersten verbalen Rückzieher und stellt die Dividendenzahlung unter den Vorbehalt der zukünftigen Aktionärsstruktur. Übersetzt heißt das: Wenn Varian die Quote von 75 Prozent nimmt, wird es vermutlich gar keine Dividende geben. Was für Privatanleger eine prima Rendite ist, würde für Varian einen Scheck von (auf Basis unserer Dividendenschätzung von 1,60 Euro) gerade einmal gut 2 Mio. Euro bedeuten. Für einen Konzern, der zuletzt rund 976 Mio. Dollar an Cash und kurzfristige Anlagen in der Bilanz stehen hatte, sind das Peanuts. Kein Wunder, dass die Amerikaner den Dividendenaspekt wohl lieber als Drohkulisse begreifen.
Zudem heißt es in Finanzkreisen, dass auch eine Nachbesserung des Angebots nicht zur Debatte steht. Da passt es beinahe gut ins Bild, dass der MeVis-Vorstand für 2015 nicht gerade ein super positives Szenario aufzeigt. Bei Erlösen zwischen 13,0 und 13,5 Mio. Euro soll das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT) auf 2,0 bis 2,5 Mio. Euro sinken – nach 3,9 Mio. Euro für 2014. Kurzfristig scheint damit die Luft raus zu sein aus der MeVis-Aktie. Eigentlich schade, denn der Small Cap galt – nachdem der Schock über den Verlust des Großkunden Hologic verdaut war – längst wieder als interessante Investmentstory. Was also tun? Für die meisten Investoren ist es vermutlich am sinnvollsten, auf die Offerte einzugehen. Anleger mit einem längeren Zeithorizont können aber auch engagiert bleiben und darauf setzen, dass Varian im ersten Schritt die 75-Prozent-Marke nimmt und später sukzessive über die Börse nachkauft und so den Kurs nach oben treibt. Wäre nicht das erste Mal, dass geduldige Anleger mit so einer Squeeze-out-Spekulation eine erkleckliche Rendite einfahren.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 18,54 | 16,76 | 18,07 | 17,13 | 16,21 | 18,76 | 17,34 | |
EBITDA1,2 | 9,18 | 7,60 | 8,25 | 5,97 | 4,77 | 7,99 | 3,99 | |
EBITDA-Marge3 | 49,51 | 45,35 | 45,66 | 34,85 | 29,43 | 42,59 | 23,01 | |
EBIT1,4 | 7,96 | 6,69 | 8,00 | 5,81 | 4,64 | 7,90 | 3,89 | |
EBIT-Marge5 | 42,93 | 39,92 | 44,27 | 33,92 | 28,62 | 42,11 | 22,43 | |
Jahresüberschuss1 | 5,62 | 7,17 | 8,07 | 5,70 | 4,55 | 7,79 | 4,92 | |
Netto-Marge6 | 30,31 | 42,78 | 44,66 | 33,27 | 28,07 | 41,52 | 28,37 | |
Cashflow1,7 | 7,32 | 5,52 | 6,55 | 2,89 | 9,13 | 4,86 | 5,85 | |
Ergebnis je Aktie8 | 3,09 | 3,94 | 4,43 | 3,13 | 2,50 | 4,28 | 2,70 | |
Dividende8 | 0,95 | 0,95 | 0,95 | 0,95 | 0,95 | 0,95 | 0,95 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: Deloitte |
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