Im Grunde völlig absurd und aus der Zeit gefallen. Doch seit dem Delisting von Anfang 2021 glaubt Centrotec tatsächlich, die Verbreitung des Geschäftsberichts dadurch unterbinden zu können, in dem der Report ausschließlich postalisch an Aktionäre verschickt wird – und auch dann nur auf Anfrage. Da boersengefluester.de keine Anteile an dem Spezialisten für Heizungssysteme und Klimatechnik hält und eine offizielle Presseanfrage von uns nach dem Geschäftsbericht auch in diesem Jahr abgeschmettert wurde, ist es umso schöner, dass jemand den Report kurzerhand eingescannt hat und das Dokument über zwei Ecken dann bei uns angekommen ist. Logisch, dass wir den Abschluss sofort auf unsere neue Plattform geschaeftsberichte-download.de (HIER) hochgeladen haben und ihn so frei verfügbar für alle interessierten Anleger machen.
Immerhin sollte doch jeder Nebenwerteinvestor wissen, wie klotzig Centrotec momentan verdient und wie günstig die Aktie dafür noch immer ist – trotz eines Kurses auf All-Time-High. Tatsächlich erlöste das Unternehmen aus Brilon mit 871,43 Mio. Euro, was einem Zuwachs von gut 21 Prozent gegenüber dem Vorjahreswert entspricht, deutlich mehr als ursprünglich erwartet. Keine Frage: Das von Firmengründer und Großaktionär Guido Krass dominierte Unternehmen hat kein gesteigertes Interesse daran, mit forschen Prognosen potenzielle Investoren anzulocken und stapelt daher nun bewusst tief. Darüber hinaus hat das Thema moderne Heizungstechnik in den vergangenen Quartalen aber nochmals einen derartigen Schub bekommen, dass wohl auch das Vorstandsteam von Centrotec positiv überrascht worden sein dürfte. Wie ganz viele andere Unternehmen aus der Datenbank von boersengefluester.de, hat sich derweil auch Centrotec mit einer deutlich ausgeweiteten Lagerhaltung auf die schwierigere Beschaffungslage eingestellt.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 594,19 | 614,74 | 650,98 | 718,98 | 290,76 | 323,28 | 323,74 | |
EBITDA1,2 | 54,06 | 54,49 | 64,34 | 87,71 | 40,58 | 34,27 | 29,87 | |
EBITDA-Marge3 | 9,10 | 8,86 | 9,88 | 12,20 | 13,96 | 10,60 | 9,23 | |
EBIT1,4 | 29,32 | 30,43 | 33,12 | 48,80 | 23,59 | 12,77 | 8,68 | |
EBIT-Marge5 | 4,93 | 4,95 | 5,09 | 6,79 | 8,11 | 3,95 | 2,68 | |
Jahresüberschuss1 | 20,85 | 13,67 | 24,43 | 29,03 | 58,03 | 36,39 | 701,42 | |
Netto-Marge6 | 3,51 | 2,22 | 3,75 | 4,04 | 19,96 | 11,26 | 216,66 | |
Cashflow1,7 | 31,63 | 38,23 | 42,03 | 81,51 | 75,79 | 58,13 | 6,30 | |
Ergebnis je Aktie8 | 1,13 | 0,74 | 1,48 | 2,08 | 4,39 | 2,66 | 55,08 | |
Dividende8 | 0,30 | 0,30 | 0,00 | 0,04 | 0,04 | 0,04 | 0,04 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: PricewaterhouseCoopers |
Insgesamt machte das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) 2021 aber einen Satz von 87,71 auf 124,09 Mio. Euro. Selbst unter Berücksichtigung der Netto-Finanzverbindlichkeiten (inklusive Pensionsrückstellungen) wird die Gesellschaft damit an der Börse jedoch gerade einmal mit dem 5,4fachen des 2021er-EBITDA gehandelt. Für unseren Geschmack spürbar zu wenig, denn Centrotec erwirtschaftet nun sehr deutlich zweistellige EBITDA-Margen. In der Vergangenheit war für das Unternehmen hier meist bei Renditen zwischen neun und zehn Prozent Feierabend. Ebenfalls große Schritte hat die Gesellschaft – die bekanntesten Marken sind Wolf und Brink – bei der Nettoprofitabilität gemacht. So hat sich der Überschuss im Vorjahr von 58,03 Mio. Euro um den Faktor zwei verbessert. Für das laufende Jahr kündigt der Vorstand ein „zum großen Teil von Teuerungsrate getriebenes“ Erlöswachstum auf 920 bis 950 Mio. Euro sowie ein operatives Ergebnis „leicht unter Vorjahr“ an. Trotz aller gebotenen Vorsicht in Anbetracht der labilen geopolitischen und auch ökonomischen Rahmendaten: Boersengefluester.de hält diesen Ausblick erneut für arg konservativ, selbst wenn das ehemalige SDAX-Unternehmen weiter kräftig investiert.
Zur virtuellen Hauptversammlung (HV) am 29. Juni 2022 steht erneut nur die Ausschüttung der Mindestdividende von 0,04 Euro je Aktie auf der Agenda. Mit Blick auf die aktuelle Ertragskraft natürlich ein Witz, ist aber Teil der mit dem Delisting verbundenen Abwehrstrategie gegenüber den freien Aktionären. Nun: Wir wollen das Dividendenthema hier gar nicht so hoch aufhängen, denn solange der Aktienkurs sich auch ohne angemessene Ausschüttung von seiner Schokoladenseite zeigt, können Anleger sich wohl gut damit arrangieren. Zudem soll auf der HV im Sommer ein neues – diesmal an den Buchwert bzw. den Mittelwert des Aktienkurses aus sechs Handelstagen gekoppeltes – Aktienrückkaufprogramm auf die Schiene gesetzt werden. Normalerweise sicher keine schlechte Lösung, im Fall von Centrotec ginge damit aber eine weitere Reduzierung des Streubesitzes einher, was den Markt nochmals enger macht.
Abzuwarten bleibt auch, wie sich die auf der außerordentlichen HV im Januar beschlossenen Erweiterungen des Geschäftsgegenstands im Immobilienbereich sowie die umfangreichen Möglichkeiten im Beteiligungssektor auswirken werden. Insgesamt sollten Anleger jedoch kein Stück von ihrem Bestand aus der Hand geben. Dafür bietet die Aktie einfach noch zu viel Potenzial. Mit an Bord sind übrigens auch die Spezialwerteexperten von Scherzer & Co. – auch das ein gutes Zeichen für valueorientierte Investoren. Nur was das Thema Investor Relations angeht, muss man beide Augen zudrücken. Bleibt der Hinweis, dass der Handel an der Börse Hamburg zwar stattfindet, aber eben deutlich ausgetrockneter ist als vor dem Delisting. Limits sind also Pflicht! Noch ein Tipp in eigener Sache: Sämtliche Jahresabschlüsse von Centrotec seit 2007 finden Sie kostenlos auf dem von boersengefluester.de betriebenen Portal geschaeftsberichte-download.de.
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