Wie befreit dreht seit Jahresbeginn der Aktienkurs von Cyan auf. Mittlerweile steht mehr als ein Verdoppler zu Buche. Deutlich zu sehen ist der Anstieg auf zwischenzeitlich 2,80 Euro allerdings nur im Zwölf-Monats-Chart, verglichen mit früheren Kurshöhen von in der Spitze fast 37 Euro aus dem Jahr 2019 bewegt sich die Notiz der auf Sicherheitslösungen für Smartphones spezialisierten Gesellschaft noch immer im Untergeschoss. Doch die Story um den Neustart als reines Cybersecurity-Unternehmen nach dem Verkauf der BSS/OSS-Aktivitäten für einen mittleren einstelligen Millionen-Euro-Betrag an die Compax-Gruppe kommt an der Börse immer besser an – siehe dazu auch den Bericht auf boersengefluester.de HIER. So standen die Dienstleistungen für virtuelle Mobilfunkanbieter zwar für rund 60 Prozent der Kosten, aber nur 45 Prozent der Erlöse. Von der enormen Komplexität des Geschäfts ganz zu schweigen. „Wir haben viel Ballast abgegeben“, sagt CEO Thomas Kicker bei seiner Präsentation auf der Frühjahrskonferenz Mitte Mai in Frankfurt.
So hat sich die Zahl der Töchter im Zuge der Transaktion von ehemals 16 auf sechs verringert, demnächst sollen es nur noch vier sein. „Wir reden hier von einer neuen Cyan“, betont Kicker. Normalweise warten die Investoren bei solchen Veränderungsprozessen erst einmal ab, zumal Cyan nach dem IPO mit etlichen Gewinnwarnungen und Kapitalerhöhungen viel verbrannte Erde hinterlassen hat. Doch der ehemalige T-Mobile Austria-Manager, der von 2019 bis 2022 auch Palantir Technologies tätig war, bringt die Investmentstory smart rüber. Tatsächlich gehörte das 1on1 mit Thomas Kicker – gleich früh morgens um 9 Uhr – mit zu unseren besten Gesprächen auf der von Equity Forum organisierten Frühjahrskonferenz. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass die Zahlen aus dem jetzt veröffentlichten Geschäftsbericht 2023 noch alles andere als gut aussehen.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 3,59 | 20,01 | 26,75 | 21,29 | 8,48 | 3,80 | 4,72 | |
EBITDA1,2 | 1,63 | 3,40 | 11,67 | -5,06 | -12,32 | -4,36 | -4,47 | |
EBITDA-Marge3 | 45,40 | 16,99 | 43,63 | -23,77 | -145,28 | -114,74 | -94,70 | |
EBIT1,4 | 1,46 | 0,37 | 5,53 | -11,04 | -18,06 | -7,01 | -7,01 | |
EBIT-Marge5 | 40,67 | 1,85 | 20,67 | -51,86 | -212,97 | -184,47 | -148,52 | |
Jahresüberschuss1 | 1,24 | -0,11 | 4,53 | -9,27 | -13,88 | -14,71 | -20,72 | |
Netto-Marge6 | 34,54 | -0,55 | 16,93 | -43,54 | -163,68 | -387,11 | -438,98 | |
Cashflow1,7 | -0,05 | 3,66 | -5,83 | -8,71 | -9,50 | -6,87 | -4,01 | |
Ergebnis je Aktie8 | 0,15 | -0,01 | 0,49 | -0,95 | -1,30 | -0,99 | -1,10 | |
Dividende8 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: Rödl & Partner |
Rein bezogen auf das fortgeführte Geschäft kamen die Umsatzerlöse zwar von 3,80 auf 4,72 Mio. Euro voran. Das EBITDA (Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen) verharrte mit minus 4,47 Mio. Euro jedoch tief in der Verlustzone. Inklusive des aufgegebenen BSS/OSS-Bereichs steht unterm Strich sogar ein Fehlbetrag von 20,72 Mio. Euro. Parallel dazu hat sich das Eigenkapital um 30 Prozent auf knapp 32 Mio. Euro verringert – entsprechend einem Buchwert je Aktie von jetzt 1,58 Euro. Die Netto-Finanzverschuldung hat sich von 4,2 Mio. auf überschaubare 1,3 Mio. Euro reduziert. Immerhin: Nach drei Kapitalerhöhung sowie einer Wandelanleihe allein im vergangenen Jahr, ist Cyan dem Vernehmen nach ausreichend finanziert. „Nach aktuellem Stand ist für den operativen Betrieb in Zukunft keine weitere Kapitalerhöhung geplant“, heißt es im Geschäftsbericht.
Dabei setzt das in München ansässige Unternehmen voll auf Wachstum. Für das laufende Jahr rechnet der Vorstand mit einem Umsatzplus um rund 50 Prozent auf 6,6 bis 7,4 Mio. Euro sowie einer signifikant verbesserten EBITDA-Marge. Im Abschlussquartal 2024 soll dann auf EBITDA-Basis – sowie bezogen auf den Cashflow – der Break-even gelingen. Um das zu erreichen, hat die Gesellschaft ihr Kernprodukt massiv abgespeckt und so die früher extrem langwierigen Implementierungsprozesse bei den Telekom-Konzernen deutlich beschleunigt. Zudem will Kicker neue Kundengruppen abseits der Telekoms erschließen. Opportunitäten bieten sich etwa im Bank- und Versicherungsbereich an, wo die Sicherheitstechnik von Cyan in die jeweiligen Apps auf den Smartphones der Endkunden integriert werden soll. Last but not least hat das Unternehmen die allgemeinen Kosten radikal heruntergefahren.
Deutlich intensiviert hat Thomas Kicker im Gegenzug die Investor Relations-Aktivitäten: „Wir wollen Vertrauen bei den Investoren gewinnen. Das heißt: Kommunikation, Transparenz und Planbarkeit.“ Die jüngste Analysten-Studie stammt von mwb Research und rät zum Einstieg mit Kursziel 3,50 Euro. Demnach hätte der Titel auch jetzt noch ordentlich Luft nach oben, wenngleich die Story rund um Cybersecurity-Lösungen nach Einschätzung von boersengefluester.de perspektivisch noch mehr Potenzial besitzt. „Cyan agiert in einem wahnsinnig relevanten Markt“, sagt Thomas Kicker gleich zu Beginn seiner Präsentation vor den Investoren in Frankfurt. Beinahe überflüssig zu erwähnen jedoch, dass es sich um ein sehr spekulatives Investment handelt. Schließlich muss Cyan jetzt erstmal liefern – und das ist bekanntlich ungleich schwieriger als ankündigen.
Foto: Unsplash+
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