Robert Hannemann, Finanzvorstand von MeVis Medical Solutions, spielte auf der Small Cap Conference der DVFA (SCC 2016) fast schon eine Sonderrolle. Schließlich war Hannemann – von den insgesamt 13 in Frankfurt präsentierenden Firmen – der einzige Vertreter einer Gesellschaft mit Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag (BuG) im Gepäck. Eingetragen ins Handelsregister ist das Vertragswerk mit dem US-Großaktionär Varian – das Unternehmen ist spezialisiert auf Röntgenröhren und Detektoren auf dem Gebiet der Strahlentherapie – seit Oktober 2015. Demnach haben Aktionäre von MeVis Anspruch auf eine Garantiedividende von 0,95 Euro pro Jahr. Alternativ können Anleger aber auch eine Barabfindung von 19,77 Euro je Anteilschein wählen. Beim gegenwärtigen Aktienkurs von 31,60 Euro wird aber mit Sicherheit niemand auf die Idee kommen, seine Aktien Varian anzudienen. Warum sollte er auch? Die Dividendenrendite beträgt selbst auf dem deutlich gestiegenen Niveau rund drei Prozent und die Geschäfte des Softwarespezialisten für den Einsatz in der bildbasierten Früherkennung von Krebserkrankungen in Brust, Lunge und Leber laufen noch immer besser als gedacht. Das ist insofern bemerkenswert, weil der mit gewaltigem Abstand wichtigste Kunde von MeVis, das amerikanische Unternehmen Hologic, bereits Anfang 2014 erklärte, dass es eine „veränderte Form der Zusammenarbeit“ mit MeVis anstrebe.
Konkret: Hologic wollte eine eigene Softwarelösung entwickeln, um so die Abhängigkeit von MeVis zu reduzieren. Die Investoren reagierten damals entsetzt und ließen die Notiz der Bremer um mehr als ein Drittel auf unter 14 Euro einknicken. Wer damals die Reißleine zog, wird sich heute in den Allerwertesten beißen, denn der Abkapselungsprozess dauert viel länger als gedacht. „Die Entwicklung der Software hätte längst fertig sein sollen“, verrät Hannemann auf der SCC. Nun ist von „Ende 2018“ die Rede, vielleicht wird es sogar noch später. Demnach ist wohl frühestens ab 2019 mit einem markanten Rückgang der Hologic-Erlöse zu rechnen. Exakte Größenordnungen lassen sich schwer vorhersagen. Nach Auffassung von Hannemann dürfte der Lizenzumsatz aber auf 20 bis 50 Prozent des jetzigen Niveaus schmelzen. Davon getrennt ist das Wartungsgeschäft, hier werden die Einschnitte deutlich langsamer vonstatten gehen. Vor dem Hintergrund des BuG könnte es Anlegern zwar halbwegs egal sein, wie sich die Geschäfte von MeVis entwickeln. Selbst ein bilanzieller Aderlass in Form einer Wertberichtigung von bis zu 10 Mio. Euro auf den Firmenwert (hier ist das Geschäft mit Holigic abgebildet), hätte keine unmittelbaren Folgen. Schließlich fließt am Ende alles bei Varian zusammen.
Andererseits könnten die Amerikaner auch mit einem kompletten Rückzug von der Börse liebäugeln. Gegenwärtig halten sie 73,52 Prozent an MeVis. 23,47 Prozent sind dem Streubesitz zugeordnet. Im Squeeze-out-Fall würde das Wertgutachten zur Ermittlung einer angemessenen Barabfindung dann aber natürlich sehr wohl am Ausmaß der Geschäftsbeziehung mit Hologic hängen. Die Entwicklung des Aktienkurses spricht zwar dafür, dass Varian weiter aufstockt. Gleichwohl betonte Hannemann bei seiner Präsentation: „Varian hält sich sehr zurück. Wir spüren nichts.“ Selbst wenn sich diese Aussage auf das operative Geschäft bezieht, zeigt es zumindest, dass es die Amerikaner nicht auf den – mittlerweile in Dollar angelegten – Cashbestand von fast 23 Mio. Euro (das sind gut 12,50 Euro je Aktie) abgesehen haben.
Die Ausschüttung einer Sonderdividende oder ein größerer Aktienrückkauf seien jedenfalls nicht geplant, ließ Hannemann durchblicken. Und so ist es nach Auffassung von boersengefluester.de bereits ein gutes Zeichen, dass sich Finanzvorstand Hannemann überhaupt vor den Investoren und Analysten in Frankfurt zeigte. Auf einen baldigen Börsenabschied deutet das jedenfalls nicht hin. Und als Garantiedividendenzahler macht MeVis Medical Solutions gerade eine richtig gute Figur.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 18,54 | 16,76 | 18,07 | 17,13 | 16,21 | 18,76 | 17,34 | |
EBITDA1,2 | 9,18 | 7,60 | 8,25 | 5,97 | 4,77 | 7,99 | 3,99 | |
EBITDA-Marge3 | 49,51 | 45,35 | 45,66 | 34,85 | 29,43 | 42,59 | 23,01 | |
EBIT1,4 | 7,96 | 6,69 | 8,00 | 5,81 | 4,64 | 7,90 | 3,89 | |
EBIT-Marge5 | 42,93 | 39,92 | 44,27 | 33,92 | 28,62 | 42,11 | 22,43 | |
Jahresüberschuss1 | 5,62 | 7,17 | 8,07 | 5,70 | 4,55 | 7,79 | 4,92 | |
Netto-Marge6 | 30,31 | 42,78 | 44,66 | 33,27 | 28,07 | 41,52 | 28,37 | |
Cashflow1,7 | 7,32 | 5,52 | 6,55 | 2,89 | 9,13 | 4,86 | 5,85 | |
Ergebnis je Aktie8 | 3,09 | 3,94 | 4,43 | 3,13 | 2,50 | 4,28 | 2,70 | |
Dividende8 | 0,95 | 0,95 | 0,95 | 0,95 | 0,95 | 0,95 | 0,95 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: Deloitte |
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