Dass es mit der ProCredit Holding eine Bank-Aktie unter die Top 10 der Dividendenhits zur Hauptversammlungssaison 2024 in Deutschland schafft, ist definitiv eine Überraschung. Immerhin umfasst die Grundgesamtheit aus dem boersengefluester.de-Ranking stattliche 650 Aktien. Dabei hat die vorwiegend in Ost- und Südosteuropa aktive Spezialbank im Grunde nur ihre Prognosen eingelöst und wird für das abgelaufene Jahr rund ein Drittel ihres Konzernergebnisses auskehren. Bezogen auf den für 2023 ausgewiesenen Überschuss von 113,37 Mio. Euro steht eine Dividendensumme von knapp 37,70 Mio. Euro – entsprechend einer Dividende je Aktie von 0,64 Euro – zur Ausschüttung an. „Die Kapitalausstattung der Gruppe rechtfertigt das allemal“, sagt CEO Hubert Spechtenhauser im Hintergrundgespräch mit boersengefluester.de. Konkret ergibt sich bei einem Aktienkurs von zurzeit 8,40 Euro eine Rendite von immerhin 7,6 Prozent. Nach zuvor zwei Jahren mit Nullrunden aufgrund der schwierigen Entwicklung in der Ukraine ist die jetzt kommunizierte Gewinnbeteiligung freilich auch ein Signal der Stärke Richtung Kapitalmarkt.
Immerhin haben die Kombination einer auf 15,5 Mio. Euro (Vorjahr: 104,6 Mio. Euro) reduzierten Risikovorsorge sowie eine Netto-Zinsmarge auf einem Fünf Jahres-Hoch von 3,6 Prozent dafür gesorgt, dass die ProCredit Holding für 2023 einen Rekordgewinn eingefahren hat. Dabei ist das Zinsergebnis nicht einfach nur eine Ableitung des allgemein höheren Zinsniveaus, sondern maßgeblich auch eine Folge der Unterlegung des eher kleinteiligen Kreditgeschäfts in den einzelnen Ländern durch möglichst lokale Einlagen. „Wir wollen Granularität auf beiden Seiten der Bilanz“, betont Hubert Spechtenhauser mehrfach. Unterm Strich geht es also darum, Klumpenrisiken so gut es geht zu vermeiden und dafür das Geschäft mit kleineren Unternehmen auf der Aktivseite sowie Privatkunden auf der Passivseite zu forcieren. Ein Ansatz, der nicht ganz neu ist für die ProCredit Holding, den die Gesellschaft aber immer konsequenter umsetzt.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 248,41 | 245,39 | 252,60 | 252,11 | 281,88 | 339,85 | 412,51 | |
EBITDA1,2 | 62,15 | 77,53 | 76,87 | 52,09 | 94,53 | 17,85 | 150,02 | |
EBITDA-Marge3 | 25,02 | 31,59 | 30,43 | 20,66 | 33,54 | 5,25 | 36,37 | |
EBIT1,4 | 62,15 | 77,53 | 76,87 | 52,09 | 94,53 | 17,85 | 150,02 | |
EBIT-Marge5 | 25,02 | 31,59 | 30,43 | 20,66 | 33,54 | 5,25 | 36,37 | |
Jahresüberschuss1 | 48,10 | 54,48 | 54,31 | 41,40 | 79,64 | 16,50 | 113,37 | |
Netto-Marge6 | 19,36 | 22,20 | 21,50 | 16,42 | 28,25 | 4,86 | 27,48 | |
Cashflow1,7 | 90,75 | 27,32 | 290,34 | 135,89 | 133,15 | 566,94 | 524,05 | |
Ergebnis je Aktie8 | 0,86 | 0,90 | 0,89 | 0,70 | 1,35 | 0,28 | 1,92 | |
Dividende8 | 0,27 | 0,30 | 0,00 | 0,53 | 0,00 | 0,00 | 0,64 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: BDO |
Zudem spielen Skaleneffekte bei der Umsetzung der einzelnen Banktransaktionen eine wichtige Rolle in den Ertragsplanungen. Mittelfristig soll die Eigenkapitalrendite einen Wert zwischen 13 und 14 Prozent erreichen. Für 2024 rechnet CFO Christian Dragosa auch aufgrund höherer Investitionen sowie einem leicht steigenden Druck auf die Nettozinsmarge jedoch erstmal mit einer rückläufigen Eigenkapitalrendite zwischen 10 und 12 Prozent – nach 12,2 Prozent im vergangenen Jahr. Dabei kalkuliert er vorsichtig mit einer Erhöhung der Risikokosten (Risikovorsorge in Relation zum Kreditportfolios) auf bis zu 40 Basispunkte. Zum Vergleich: 2023 lag diese Größe bei 25 Basispunkten.
Massiv verankert in der Philosophie der ProCredit Holding bleibt derweil die enorme Bedeutung von Nachhaltigkeitsaspekten und ethischen Grundsätzen. „Wir wollen unser ausgewogenes Geschäftsmodell aus Impact und Gewinnorientierung weiterführen – den Impact-Aspekt aber noch besser erklären“, sagt Hubert Spechtenhauser mit Blick auf die Agenda des für den 21. März 2024 angesetzten Kapitalmarkttags. Wer sich näher mit diesem Themenkomplex beschäftigen will, sollte einen Blick auf den Impact Report für 2023 werfen. Hier finden sich viele wichtige Initiativen, die boersengefluester.de absolut wichtig findet.
Eher keinen Gefallen tut sich das Unternehmen für unseren Geschmack dagegen mit dem extremen Gendern im Geschäftsbericht. So ist die Materie schon schwierig genug, doch wer sich die Mühe macht – und das tut boersengefluester.de – tiefer einzusteigen und den Bericht durchgängig zu lesen, gibt nach Satzkonstruktionen wie – „Das Adressenausfallrisiko unterteilen wir in das Adressenausfallrisiko aus dem Geschäft mit Kund*innen, das Kontrahent*innenrisiko (einschließlich Emittent*innenrisiko) sowie das Länderrisiko.“ – wegen schlechter Lesbarkeit womöglich vorzeitig auf. Dieser Punkt aber nur am Rande, die für die Aktienbewertung maßgeblichen Bewertungskennzahlen sehen allesamt umso eingängiger aus. Kein Wunder, dass die Gesellschaft an der Börse nun wieder mit annähernd 500 Mio. Euro bewertet wird. Dabei beträgt der Abschlag zum Buchwert noch immer rund 50 Prozent, bei einem KGV von deutlich weniger als 5. Eine Kombination, die es im streng regulierten Handelssegment Prime Standard nicht allzu häufig gibt. Besonders geeignet ist die Aktie für dividendenorientierte Investoren, denen ein gutes Gewissen zusätzlich etwas wert ist.
Foto: Unsplash+
Jetzt für unseren wöchentlichen Newsletter BGFL WEEKLY anmelden. Das Angebot ist kostenlos und präsentiert die Highlights von boersengefluester.de (BGFL) sowie Interna aus der Redaktion. Der Erscheinungstag ist immer freitags. Wer Interesse hat und noch nicht registriert ist, kann das gern unter diesem LINK tun. Wir freuen uns auf Sie! Selbstverständlich behandeln wir Ihre E-Mail-Adresse vertraulich und verwenden sie ausschließlich für den Versand des Newsletters BGFL WEEKLY.