Eine Prognoseänderung beinahe mit Ansage: Spätestens seitdem wallstreet:online-Vorstand Michael Bulgrin bei seiner Präsentation Ende April auf der MKK Münchner Kapitalmarkt Konferenz darüber berichtete, wie sehr sich die Depoteröffnungsanträge für den neu gegründeten Smartbroker mittlerweile stapeln und es derzeit darum geht, den Rückstau von rund 7.000 bislang nicht bearbeiteten Formularen aufzulösen, war klar: wallstreet:online hat hier einen Treffer gelandet hat und wird weiter in die Offensive gehen. Immerhin stellten die Berliner bereits Ende Februar ihre Planzahlen für 2020 unter den Vorbehalt der weiteren Entwicklung des Smartbrokers. Konkret ging es darum, mit welchem Werbebudget die als Vermarktungspartner agierende wallstreet:online AG (w:o) den unter dem Dach der künftig zu mehr als 70 Prozent zum Verbund gehörenden wallstreet:online capital AG agierenden Smartbroker unterstützen will. Ursprünglich budgetiert war das Marketingengagement mit rund 4 Mio. Euro – verteilt auf zwei Jahre.
Angesichts des momentanen Kundenansturms nutzt w:o jetzt die Gunst der Stunde und stockt die Summe auf etwa 5,8 Mio. Euro auf – wohlgemerkt nur für 2020. „Der Betrag soll durch Barmittel und Fremdkapital finanziert werden“, heißt es ohne hierzu konkreter zu werden. Fakt ist auf jeden Fall, dass sich die bisherige Planung für das 2020er-Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) dadurch von bislang 7,7 bis 9,2 Mio. Euro auf eine Bandbreite zwischen 3,0 Mio. und 3,6 Mio. Euro verringern wird. Nicht berücksichtigt in dieser Rechnung sind allerdings die kürzlich vereinnahmten 2,7 Mio. Euro aus dem Verkauf der Anteile an dem ebenfalls sehr erfolgreich gestarteten Broker Trade Republic sowie der anteilig zu erwartende Ergebnisbeitrag der wallstreet:online capital AG. Inklusive dieser beiden Blöcke wird das EBITDA zwar ebenfalls unter der bisherigen Planung liegen. Aber klar ist auch, dass der w:o-Vorstand wohl töricht wäre, wenn er das gegenwärtige Momentum bei der Akquise für den Smartbroker nicht nutzen würde.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 5,19 | 7,78 | 8,55 | 28,21 | 48,20 | 52,79 | 46,54 | |
EBITDA1,2 | 2,03 | 3,71 | 3,70 | 4,52 | 3,56 | 8,77 | 1,35 | |
EBITDA-Marge3 | 39,11 | 47,69 | 43,27 | 16,02 | 7,39 | 16,61 | 2,90 | |
EBIT1,4 | 1,89 | 3,64 | 3,69 | 2,03 | 0,35 | -8,41 | -5,22 | |
EBIT-Marge5 | 36,42 | 46,79 | 43,16 | 7,20 | 0,73 | -15,93 | -11,22 | |
Jahresüberschuss1 | 1,78 | 3,23 | 1,90 | 3,55 | -0,54 | -10,07 | -5,92 | |
Netto-Marge6 | 34,30 | 41,52 | 22,22 | 12,58 | -1,12 | -19,08 | -12,72 | |
Cashflow1,7 | 1,92 | 3,30 | 1,91 | 1,18 | 13,93 | 5,04 | 0,19 | |
Ergebnis je Aktie8 | 0,14 | 0,24 | 0,13 | 0,25 | -0,04 | -0,64 | -0,38 | |
Dividende8 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: Dohm Schmidt Janka |
Erklärtes Ziel ist es, bis Ende 2020 auf circa 60.000 Kunden zu kommen. Im kommenden Jahr soll sich diese Zahl dann nochmal auf 120.000 verdoppeln. Das unternehmerische Kalkül: „Wir wollen w:o auf ein breiteres Fundament stellen“, sagt Vorstand Michael Bulgrin und zielt auf die bislang dominante Einnahmequelle aus Werbeerlösen ab. Aber selbst im klassischen Bannerbereich scheint die Gesellschaft – im Gegensatz zu vielen anderen Unternehmen aus dem Mediensektor – bislang nicht übermäßig durch Corona-bedingte Stornierungen betroffen zu sein. „Da kann ich aktuell Entwarnung geben“, sagte Bulgrin auf der MKK. Keine Frage: Angesichts der enormen Volatilität an den Märkten schweben zurzeit alle Discountbroker auf Wolke sieben – von flatex und DeGiro bis hin zur comdirect bank. Spannend bleibt die Frage, woher die ganzen Kunden – nicht nur bei Trade Republic oder dem Smartbroker – derzeit überhaupt kommen und vor allen Dingen, wie aktiv sie auf Dauer handeln werden. Pure Größe ist angesichts der kleinen Margen im Brokerage zwar ein wichtiges Gut. Entscheidend bleibt aber, wie häufig die Kunden ihr Depot am Ende bewegen.
Man muss nicht alle Veränderungen auf dem Finanzportal von wallstreet:online super gut finden, ökonomisch haben die Berliner in den vergangenen Jahren aber ganz viel richtig gemacht. Dementsprechend gut steht auch der Aktienkurs von wallstreet:online da. Und eine Marktkapitalisierung von 79,5 Mio. Euro bei der aktuellen Notiz von 44 Euro ist ebenfalls ein Wort. Geht es nach den Analysten von Hauck & Aufhäuser ist hier aber noch längst nicht Schluss: Sie siedeln den fairen Wert der w:o-Aktie bei 86 Euro an. Das entspräche einem Unternehmenswert von immerhin fast 155 Mio. Euro. Nicht schlecht, wenn man bedenkt, dass die Marktkapitalisierung vor genau fünf Jahren mickrige 4 Mio. Euro erreichte.
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